Carl Michael Bellmann

Fredmans Epistel N:ro 23. Welche gleichsam ein Soliloquium darstellet,
als Fredman bei der Schenke ›Krypin‹ gegenüber dem Bankhause lag, damals, in einer Sommernacht anno 1768. Klinget als ein schön Menuetto in G-Dur auf allen Instrumenten, doch führet die Flauto das Wort

Ach, meine Mutter, sag, wer dich sandte
     just in des Vaters Bett ?
Wo meines Lebens Funken er anbrannte,
     ah, das war nicht nett !
     Trunken hier schwank ich,
     alles das dank ich
     deiner Liebesglut ...
     Für dein Vergnügen,
     bei ihm zu liegen,
     klopfet nun mein Blut !
     Was gabst du, daß ich bin,
     |: dich der Liebe hin ? :|

Fluch eurer Kammer, Fluch auch dem Holze,
     daraus dein Brautbett ward !
Fluch deinen Augen, Fluch dem Jungfernstolze,
     der dich so genarrt !
     Fluch jenen Stunden
     da sich gebunden
     hier in Lust dein Sinn !
     Spreiztest die Beine,
     als — matt vom Weine —
     du ins Bett sankst hin.
     Oder war´s eine Bank,
     |: wo mein Bild gelang ? :|

Ach, treue Lieb ich haß und verachte !
     Pfui Vater ! Mutter — du !
Lieg ich doch nun im Rinnstein und betrachte
     meine alten Schuh´.
     Pfui, was für Klumpen,
     Rock nur noch in Lumpen !
     Hemd ist schwarz wie Ruß.
     Sieh die Perücke,
     fast nur noch Stücke !
     Sieh den krummen Fuß !
     Ekel steigt jetzt herauf !
     |: Kommt und helft mir auf :|

Da, meine Hände, so kalt und mager,
     beben bei jedem Laut !
Und hier : mein Arm auf diesem wüsten Lager
     liegt wie welkes Kraut !
     Augen und Wangen
     sind schon umfangen
     von Vergänglichkeit.
     Himmel, die Zunge
     wagt nicht die junge
     Weise beßrer Zeit.
     Wer singt von Lust und Qual
     |: und vom Weinpokal ? :|

Labt meine Zunge, ah, süße Säfte !
     Ach, gießet mir was ein !
Ich bin ein Heide, alle meine Kräfte
     lechzen nur nach Wein.
     Arm und versoffen,
     Kehle stets offen,
     hab ich doch auch was !
     Noch im Verderben,
     geht es ans Sterben,
     füll ich mir mein Glas.
     Und in der letzten Stund
     |: bleibt das Glas am Mund :|

Da horch ! — Die Krugtür knarrt ja schon wieder !
     Doch keinen Gast man sieht.
Rot steigt die Sonne, Sterne sinken nieder,
     und die Wolke flieht.
     Goldfunken sprühen,
     Kirchtürme glühen,
     und die Luft ist lau !
     Weh, daß ich liege
     hier vor der Stiege,
     da vor Bacchus´ Bau !
     Ach, helft mir aus der Not !
     |: Dürste mich ja tot ! :|

Na, denn mal Skol ! Jetzt geh ich zur Kanne,
     stürze zu Tisch und Krug !
Je, es steht fest, daß ich mich jetzt ermanne,
     steif bin ich genug !
     Alter, Courage,
     lustig, Bagage !
     Gib die Flasche her !
     Schon wieder glüh ich,
     vor Zechlust blüh ich,
     Angst hab ich nicht mehr !
     Sag meinen Eltern Dank.
     |: Ja, ein Leben lang ! :|

Dank und ein Skol euch ! Skol auch der Brautstatt !
     Und auch dem Holze sei Lob !
Dank auch der Hand, die einst das Bett gebaut hat,
     dem auch, der´s reinschob !
     Dank für dein Streben,
     so konnt ich leben,
     alter Vater, Dank !
     Könnt ich dich sprechen,
     würd mit dir zechen,
     ganze Tage lang
     Mein Bruder wärst du — toll —
     |: und wie ich so voll :|

***